
Zwischen Literatur und Lebensrealität
Obdachlosigkeit im Fokus des Weißenfelser Frauen-Lese und Erzählcafés
Das Weißenfelser Frauen-Lese- und Erzählcafé ist im August 2025 in die 20. Saison gestartet. Zum Jubiläum wird der Weißenfelser Frauenarbeitskreis bei der Organisation der Veranstaltungsreihe nicht nur durch bewährte Partnerinnen und Partner wie der kommunalen Gleichstellungsbeauftragten, der Volkshochschule Burgenlandkreis, der Stadtbibliothek Weißenfels und dem Heinrich-Schütz-Haus unterstützt. Bei der Vorstellung des Buches „Das Glück am Ende der Straße“ von Autorin Ulrike Herwig am 24. September 2025 in der Galerie BRAND-SANIERUNG war beispielsweise auch Maik Trauer, Leiter des Fachbereichs Bürgerdienste der Stadt Weißenfels, vor Ort. Im Roman wird die Geschichte der Obdachlosen Elli erzählt, die sich mit Würde und Kreativität durchs Leben kämpft und trotz aller Widrigkeiten ihre Herzenswärme bewahrt. Die Geschichte zeigt, wie schnell Menschen aus der Mitte der Gesellschaft herausfallen und in der Obdachlosigkeit landen können. Maik Trauer berichtete im Vorfeld passend zum Thema über die Situation obdachloser Menschen in Weißenfels.
Für Personen, die sich in einer Wohnungsnotlage befinden, hat die Stadt Weißenfels drei Wohnungen in der Klosterstraße gemietet, die befristet als Übernachtungsmöglichkeit dienen können. Die Zahlen der Übernachtungen haben sich Maik Trauer zufolge seit dem Jahr 2019 verdreifacht (von gut 300 auf etwa 900 Übernachtungen pro Jahr). Die Übernachtungen verteilen sich im Durchschnitt auf 15 bis 20 Personen. Betroffen seien alle Altersgruppen und alle Nationalitäten. Lebenssituationen wie beispielsweise eine Trennung, eine Zwangsräumung, die Entlassung aus dem Gefängnis oder ein Rausschmiss aus dem Elternhaus führten zur Obdachlosigkeit. Verstärkt seien ältere Bürger betroffen.
Die Wohnungslosenunterkunft wird von Mitarbeitern des Ordnungsamtes und einer Sicherheitsfirma betreut. Die Stadt Weißenfels nimmt die Aufgabe im Rahmen der Gefahrenabwehr im übertragenen Wirkungskreis wahr. In diesem Sinne verfolgt die Kommune das Ziel, Menschen vor Gefahren durch Obdachlosigkeit zu schützen. Die soziale Komponente wie auch der sozialpsychiatrische Dienst liegen in Verantwortung des Burgenlandkreises. Trotz dessen sind Maik Trauer zufolge die Mitarbeiter des Ordnungsamtes an dieser Stelle oft als „Türöffner“ gefragt, weil sie Kontakte zu Behörden wie dem Sozialamt, dem Jobcenter, der Krankenkasse oder der Rentenstelle herstellen, um die Lebenssituation der hilfesuchenden Personen zu ordnen.
Die Kosten in Höhe von etwa 34 Euro pro Übernachtung werden in den meisten Fällen zwar vom Jobcenter oder dem Sozialamt übernommen, doch das reicht nicht aus. Laut Maik Trauer wäre eine breite Hilfslandschaft nötig, um den Betroffenen einen schnellen Weg zurück ins Leben zu ermöglichen. Die Bereitstellung von Betreuern dauere beispielsweise aktuell zwischen vier und sechs Wochen – wertvolle Zeit, die bei der Rückkehr in ein geordnetes Leben verloren geht. Vorhandene Reha-Plätze könnten aufgrund fehlender Ausweise und Dokumente oft nicht in Anspruch genommen werden. Derzeit halten sich dem Fachbereichsleiter zufolge zwei Dauerbewohner in der Wohnungslosenunterkunft auf. Zuletzt hätten Personen die Unterkunft bis zu einem Jahr genutzt. Wünschenswert wären deshalb individuelle Beratung und situationsabhängige Betreuung der hilfebedürftigen Menschen durch einen Sozialarbeiter in einer Beratungsstelle vor Ort.
Fotos:
-Maik Trauer, Leiter des Fachbereichs Bürgerdienste der Stadt Weißenfels, hielt beim Frauen-Lese- und Erzählcafé einen Vortrag über Obdachlosigkeit in der Saalestadt.
-Margrit Franke und weitere Mitglieder des Weißenfelser Frauenarbeitskreises stellten beim Frauen-Lese- und Erzählcafé das Buch „Das Glück am Ende der Straße“ vor.
Bildquelle: Stadt Weißenfels